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MEDIAFIX Zeitreise
"Schaab, Sie kriegen wir noch!"
Von der Uni aufs Schlachtfeld
Das war’s: Sie waren umzingelt. Unzählige feindliche Armeen waren herangerückt, bewaffnet mit tausenden massiven Panzern, Sturmgeschützen und Flugzeugen.
Im Sekundentakt schlugen die Bomben ein; erbarmungslos bebte der Boden unter ihren Füßen. Riesige schwarze Rauchwolken stiegen auf; sie umhüllten die Männer und verdeckten ihre Sicht. Aus allen Richtungen hörte man flehende Hilfeschreie von Verwundeten; zehntausende gefallene Soldaten lagen bereits blutüberströmt auf dem Schlachtfeld. Keiner wusste, von wo der nächste Schuss kommen würde; wo die nächste Bombe einschlagen sollte; wen es als nächstes treffen würde. In jeder Sekunde könnten die Soldaten in tausende Teile zerfetzt werden.
Dem jungen Mann stockte der Atem. Er war in Todesangst: Jede falsche Bewegung konnte ihn sein Leben kosten. Verzweifelt versuchte er, sich vor den Angriffen zu schützen. Wie konnte er nur in dieses schreckliche Blutbad geraten? Es war doch noch gar nicht so lange her, dass er seinem Studium nachging und ein ganz normales, unbeschwertes Leben führte. Doch dann kam der Krieg, er wurde eingezogen und nun war er einer von über zwei Millionen Soldaten, die sich eine der größten Schlachten der Geschichte liefern sollten: Die Schlacht um Kursk im Jahr 1943.
Der junge Mann war Walter Schaab. Schaab war Gegner von Hitlers System, musste aber dennoch in den Krieg ziehen. Mittlerweile ist Walter Schaab bereits verstorben, doch in seinen Tonbandaufnahmen berichtete er detailliert von dem, was er als Soldat im Krieg erlebte. Sein Sohn Martin Schaab hat die spannenden Tonbandaufnahmen bei MEDIAFIX digitalisieren lassen und sie uns zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Eines wird darin sehr deutlich: Die Schlacht um Kursk* im Jahr 1943 war unvergleichlich zu allem, was Walter Schaab bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte:
Zunächst schien das Manöver nach Plan zu laufen. Doch dann kam der Schock: Die Rote Armee ging zum Gegenangriff über und in kürzester Zeit waren Schaab und seine Kameraden in Kursk eingekesselt. Die Situation war aussichtslos: Sie befanden sich in einem Krieg, den sie eigentlich längst verloren hatten.
Es gab nur einen einzigen Weg, um lebendig aus dieser Lage herauszukommen – doch dieser war strengstens verboten:
Der junge Soldat wusste genau, was das bedeutete. Erst vor Kurzem war es zu der schrecklichen Katastrophe von Stalingrad gekommen: Die Deutsche Wehrmacht sollte Stalingrad erobern – doch wurde dann darin eingekesselt. Obwohl es völlig aussichtslos war, hatte Hitler den Soldaten auch dort verboten, sich aus dem Kessel zu befreien. Die Folge: Zehntausende deutsche Soldaten wurden gefangen genommen – und nur ein Bruchteil davon sollte überleben.
Nun stand Schaab selbst im Angesicht des Todes: eingekesselt in einer zu erobernden Stadt, umzingelt von verfeindeten Armeen. Ein grausiges Gefühl der Verzweiflung durchdrang seinen Körper. Sein einziges Ziel war es, zu überleben – wieder heil zurück in die Heimat zu kommen, zurück zu seiner Familie und seinen Freunden. Doch nun sollte er sein Leben verlieren in einem Krieg, den er nie führen wollte. Für ein System, das er verurteilte. Im Namen eines Führers, den er verachtete.
Doch plötzlich geschah etwas, das völlig unfassbar war:
Schaab konnte nicht glauben, was da gerade geschehen war. Es hätte seinem Armeegeneral das Leben kosten können, sich gegen Hitlers Befehl zu stellen. Und trotzdem tat er es, um das Leben unzähliger Soldaten zu retten.
Ein riesiger Stein fiel Schaab vom Herzen: Er war dem Tod in letzter Sekunde entkommen. Hunderttausende Soldaten der Deutschen Wehrmacht und der Roten Armee sind in der furchtbaren Schlacht um Kursk ums Leben gekommen. Dass er überlebte, glich einem Wunder. Ein tiefes Gefühl von Erleichterung stellte sich ein: Er war nicht für das Nazi-Regime gestorben, das er so sehr verabscheute.
Schaab glaubte sich vorerst in Sicherheit. Er ahnte nicht, dass er schon bald unter Beobachtung stehen sollte.
„Schaab, Sie kriegen wir noch!“
Während seiner Zeit als Soldat konnte Walter Schaab nur eines wirklich genießen: Die seltenen Urlaube in der Heimat. Diese kurzen Pausen vom Schrecken des Krieges waren wie Balsam für die Seele des jungen Mannes. Sie gaben ihm ein Stück Normalität in einer Zeit, in der sich die ganze Welt im Ausnahmezustand befand. Doch die Wochen mit seiner Familie und seinen Freunden gingen nur allzu schnell vorbei – und noch ehe er sich’s versah, musste er zurück an die Front.
Was ihn dort erwartete, zerschmetterte mit einem Mal die Unbeschwertheit seines Urlaubs. Schaab sollte ein drastisches Problem bekommen: Ein Problem, dass er mit dem Tod bezahlen könnte:
Schaabs Herz raste. Er wusste ganz genau, wer dieser Winfried war. Winfried war ein guter Freund aus Würzburg – und auch er war Gegner des Nazi-Regimes. Die Gestapo hatte ihn genau im Blick, denn er war bereits mit Aktionen gegen die Partei auffällig geworden. Wenn die Gestapo herausfand, dass er mit Winfried befreundet war, dann war das eine absolute Katastrophe:
Er durfte nicht viel Zeit verstreichen lassen, bis er sich bei seinem Batteriechef zurückmeldete. Doch was sollte er ihm sagen? Hektisch ging er auf und ab, suchte eifrig nach einem Weg aus seiner Misere. Sein ganzer Körper stand unter Spannung: Tausende Gedanken schossen ihm durch den Kopf; er überlegte hin und her, ging alle Möglichkeiten durch. Dann endlich versuchte er, sich zu beruhigen. Er atmete noch einmal tief durch, nahm all seinen Mut zusammen und trat schließlich vor seinen Vorgesetzten:
Jetzt war seine volle Konzentration gefragt: Er musste versuchen, seine Stimme zu kontrollieren, seine zitternden Hände zu verstecken – möglichst normal zu wirken. Seine Nervosität stieg ins Unermessliche: Nur ein falsches Wort konnte ihn sein Leben kosten. Voller Anspannung versuchte er, seine Gedanken zu sortieren. Schließlich antwortete er:
Schaab blickte in die Gesichter der beiden Männer: Der Batteriechef schien seine Lüge zu glauben – doch der Leutnant sah ihn misstrauisch an.
Plötzlich stand der Leutnant auf: In langsamen Schritten lief er um Schaab umher; mit durchdringendem Blick schaute er dabei auf den jungen Soldaten herab. Das bedrohliche Geräusch der Schritte des Leutnants erfüllte Schaabs ganzen Körper mit Angst. Seine Hände schwitzten. Die Sekunden, in denen der Leutnant ihn umkreiste, fühlten sich an wie eine Ewigkeit. Krampfhaft versuchte Schaab, Ruhe zu bewahren – doch jeder Schritt des Leutnants ließ ihn innerlich erschaudern: Hatte der Leutnant seine Lüge durchschaut?
Plötzlich blieb der Leutnant direkt vor ihm stehen. Er rückte näher an den jungen Soldaten heran und schaute ihm tief in die Augen. Was er dann sagte, sollte Schaab nie mehr vergessen:
Rasch zog Schaab sich zurück. Es dauerte einige Minuten, bis er sich von dem Schock dieser brenzlichen Situation erholt hatte. Doch was sollte er jetzt tun? Er bekam schließlich regelmäßig Post von seinem Freund Winfried. Wie konnte er verhindern, dass sein Freund ihm weiterhin unter diesem Namen schreibt? Und vor allem: Wie sollte er seinen Freund darauf hinweisen, ohne selbst den Namen Winfried zu nennen? Seine Post wurde schließlich ab jetzt von der Gestapo überwacht.
Dem jungen Soldaten blieb nur eine Wahl: Er musste einen Kameraden um Hilfe bitten – und dieser musste absolut vertrauenswürdig sein. Es gab nur einen einzigen Kameraden, von dem er sicher wusste, dass auch er insgeheim ein Gegner des Nazi-Regimes war. Schaab hatte Glück: Der Kamerad bot ihm tatsächlich seine Hilfe an und schrieb in seinem Namen einen Brief, um Schaabs Freunde zu warnen.
Eine riesige Last fiel ihm von den Schultern. Er hatte es geschafft, sich aus einer der heikelsten Situationen zu befreien, in die er als deutscher Soldat geraten konnte. Die nächsten Tage verbrachte er unbeschwert in seinem Bunker. Womit er nicht rechnete: Er sollte schon bald erneuten Besuch von dem Nazi-Leutnant bekommen:
Mit einem Mal zog sich Schaabs gesamter Brustkorb zusammen. Er spürte den pochenden Puls an seiner Schläfe. Der junge Soldat stand völlig neben sich. Vor seinem inneren Auge brach seine Welt zusammen. Wie konnte das nur passieren? Warum musste dieser Leutnant ausgerechnet nach diesem Buch greifen? Und wie konnte Schaab die Widmung nur vergessen? Er hätte sofort alle Spuren von seinem Freund Winfried beseitigen sollen. Doch nun war es zu spät. Sie hatten ihn der Lüge überführt. Und der Nazi-Leutnant hatte ihm bereits sehr deutlich zu verstehen gegeben, welche Strafe ihm dafür drohte.
Angsterfüllt blickte der junge Soldat zum Leutnant. Was dann geschah, konnte Schaab kaum glauben:
Nicht im Traum hätte Schaab damit gerechnet, dass er aus dieser heiklen Situation noch einmal glimpflich davonkommen würde. Doch das Schicksal hatte es gut mit ihm gemeint: Er war seinem Ziel, den Krieg heil zu überstehen, wieder einen Schritt nähergekommen.
Nun galt es, weiter den Rückzug zu bestreiten. Zusammen mit seinen Kameraden zog er in den letzten Kriegswochen durch das menschenleere Ostpreußen. Was sich dort in einem leerstehenden Bauernhaus ereignete, sollte die Grenzen seines Verstandes völlig übersteigen:
Eine schicksalhafte Eingebung
Nach den vielen Wochen draußen im Schlamm, Dreck und Regen waren Schaab und seine Kameraden froh, im verlassenen Ostpreußen Quartier beziehen zu können. In einem leerstehenden Bauernhof ließen sie sich nieder.
Es war ein sonniger Vorfrühlingstag als Schaab und zwei Kameraden dort ihren Gefechtsstand für den Vermessungstrupp aufschlugen: Mit einem Fernsprecher, Kartenmaterial und allem, was sie eben so brauchten. Die Morgenstunden waren wunderschön und friedlich: Weit und breit hörte man keine Schüsse, es drohten keine Angriffe – die Landschaft lag in herrlicher Ruhe.
Und dennoch: Schaab hatte das merkwürdige Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte:
Als sie im Keller angekommen waren, kamen Schaab Zweifel an seiner Entscheidung: Was war nur in ihn gefahren? Warum hatte er den schönen, ruhigen Platz oben verlassen und sich in dieses düstere Kellerloch zurückgezogen? Schaab kam zu der Einsicht, dass er wohl gesponnen haben musste. Er entschuldigte sich bei seinen Kameraden, bestellte erneut den Fernsprechtrupp zur Verlegung der Leitung und sie zogen wieder zusammen nach oben.
Doch kaum hatten sie sich wieder oben niedergelassen, überkam Schaab erneut dieses eigenartige Gefühl:
Der junge Soldat wusste nicht, wie ihm geschah. Warum verhielt er sich nur so seltsam? Hatte er nun völlig den Verstand verloren?
Plötzlich fiel ihm ein, dass er die Schreibmaschine oben vergessen hatte. Er bat seinen Kameraden Rominski, kurz nach oben zu gehen und die Schreibmaschine runter in den Keller zu bringen. Der Kamerad willigte ein – doch als er von oben wiederkehrte, sah er aus, als sei er einem Geist begegnet: Mit leerem Blick starrte er in die Luft, sein Gesicht war völlig blass. Was Schaab dann erfuhr, ließ ihn erstarren:
Schaab konnte nicht glauben, was ihm da widerfahren war. War es nur ein glücklicher Zufall gewesen? Oder gab es tatsächlich eine höhere Macht, die ihn vor dem sicheren Tod gerettet hatte? Was auch immer diese innere Stimme war, die ihn geleitet hatte: Ihr hatte er es zu verdanken, dass er schon bald den Moment miterleben konnte, auf den er so lange gehofft hatte.
Das letzte Schussfeuer
Ende April 1945 verbreitete sich eine Nachricht wie ein Lauffeuer: „Hitler ist tot!“. Er sei an vorderster Front kämpfend gefallen. Dass Hitler so mutig gestorben sei, wollte natürlich keiner glauben. Doch eines war Schaab und seinen Kameraden klar: Die Jahre des Kriegs sollten nun endlich ihr langersehntes Ende finden.
In den nächsten Tagen warteten die Soldaten gespannt auf weitere Meldungen. Am 8. Mai 1945 erfuhren sie dann über Funk, dass die Kapitulation unmittelbar bevorstand und dass um Mitternacht alle Kampfhandlungen auf beiden Seiten der Front eingestellt werden mussten.
Es war die Nachricht, auf die Schaab so sehnlichst gewartet hatte: All die schrecklichen Kämpfe der letzten Jahre, das grausame Blutbad, das erschütternde Elend, die brenzlichen Situationen zwischen Leben und Tod – all das sollte nun endlich vorbei sein.
Die Männer konnten ihr Glück kaum fassen: Kurz nachdem die Nachricht eintraf, begann auf beiden Seiten der Front ein gewaltiges Feuerwerk. Die Soldaten, die Artilleristen, die Landser – sie alle verschossen ihre letzte Munition in den Nachthimmel. Die Leuchtspur der Geschosse durchzog die sternenklare Nacht – es war ein Freudenfeuer, das seinesgleichen suchte. Dann schließlich schlug es Mitternacht:
Schaab stand da, ganz ruhig, im Licht des Mondscheins. Er blickte in den Nachthimmel und atmete tief durch. Ein befreiendes Gefühl von Dankbarkeit durchdrang seinen Körper. Er hatte es tatsächlich geschafft: Er hatte den Krieg überlebt. Noch eine ganze Weile stand er da und ließ diesen bewegenden Moment der Stille auf sich wirken.
Ein Hoch auf den Frieden
Rückblickend erinnerte sich Walter Schaab trotz des Schreckens des Krieges vor allem an eines: die Freundlichkeit der russischen Zivilisten.
Während ihres Zuges durch die Weiten Russlands machten die Truppen immer wieder für ein oder zwei Tage Halt. Schaab und seine Kameraden wurden dann in die anliegenden Bauernhäuser einquartiert. So kam es, dass die Soldaten in engeren Kontakt mit der russischen Bevölkerung traten.
In all den Jahren wurden Schaab und seine Kameraden stets freundlich von den russischen Männern, Frauen und Kindern aufgenommen. Oftmals wurde gekocht, sie aßen gemeinsam und unterhielten sich.
Nur ein einziges Mal glaubte Schaab, an die Falschen geraten zu sein – doch seine Sorge sollte sich schnell als unbegründet erweisen:
*Unternehmen Zitadelle (russische Bezeichnung: Курская битва‚Schlacht von Kursk‘) war der deutsche Deckname für den Angriff auf den sowjetischen Frontbogen um die russische Stadt Kursk während des Zweiten Weltkrieges im Sommer 1943. Das Unternehmen gilt als letzte deutsche Großoffensive im Krieg gegen die Sowjetunion und fand in der Zeit vom 5. bis zum 16. Juli 1943 statt. Sie wird auch als Schlacht bei Kursk, Panzerschlacht um Kursk oder Schlacht im Kursker Bogen bezeichnet. Auf sowjetischer Seite wurden unter dieser Bezeichnung auch die nachfolgenden Operationen zusammengefasst, die langfristiger und in größerem Maßstab angelegt waren als die deutschen Offensivbemühungen (Orjoler und die Belgorod-Charkower Operation). Sie war die größte Landschlacht sowie eine der größten Luftschlachten der Geschichte. Im Rahmen des „Unternehmens Zitadelle“ fand bei der Ortschaft Prochorowka eine Panzerschlacht statt, die als größte der Geschichte gilt. (Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Zitadelle)
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